Die Sonne erhob sich gerade aus ihrem Bett, als Maya wach wurde und ihre Schwingen streckte. Samanta lag unweit von ihr entfernt, so dass Maya sich bewegen konnte, ohne sie zu stören. Langsam schlug sie mit ihren Schwingen auf und ab, die verletzte schmerzte nicht. Sorgsam darauf bedacht keinen Lärm zu machen, ging sie auf die nahegelegene Wiese. Dort breitete sie abermals ihre Schwingen aus und schlug damit auf und ab. Immer kräftiger, bis ihre Füße den Boden nicht mehr berührten. Dann wurde sie wieder langsamer und ließ sich zu Boden sinken. Sie betrachtete den Verband, der sich bereits etwas gelockert hatte. Mit ihren Zähnen entfernte sie diesen und besah sich die Stelle, in der der Pfeil gesteckt hatte. Die Haut war geschlossen, es war keine Wunde mehr zu sehen. Noch einmal schlug sie kräftig mit der Schwinge, um zu prüfen, ob auch wirklich alles in Ordnung war. Da sie keine Schmerzen verspürte, machte sie einen Satz und hob ab.
Samanta erwachte, als sie ein starker Luftstrom traf. Sie kannte ihn, er entstand immer, wenn ihr Drache in die Lüfte stieg.
»Maya, nein!«, schrie Samanta, als sie sah, wie sie abhob.
Maya beachtete es nicht und flog immer höher hinauf. Verzweifelt rannte Samanta zuerst hinterher, dann zurück zum Lagerplatz. Dort weckte sie Christian und Floh, die ihr helfen sollten, Maya zur Vernunft zu bringen. Vor lauter Aufregung stammelte sie nur Unverständliches vor sich hin. Christian versuchte sie zu beruhigen, aber es gelang ihm nicht. Erst als Samanta gegen den Himmel zeigte, begriff er, was geschehen war. Im selben Augenblick sagte er zu Floh, was Maya getan hatte, und bat ihn ihr hinterher zu fliegen. Floh hob sogleich mit einem gewaltigen Satz ab. Der entstandene Luftstrom riss Samanta und Christian von den Beinen, so dass sie rücklings zu Fall kamen. Es dauerte einige Zeit, bis sich der aufgewirbelte Staub wieder gelegt hatte. Samanta und Christian erhoben sich und versuchten, Floh und Maya zu finden. Beide waren aber am Himmel nicht zu entdecken. Samanta versuchte eine Verbindung zu Maya aufzubauen, aber sie antwortete nicht. Christian und Samanta sahen sich besorgt an. Beide hatten den gleichen Gedanken. War Maya etwa abgestürzt? Christian nahm sogleich Verbindung mit Floh auf, der jedoch ebenfalls nicht antwortete. Ein paar Minuten später vernahm er seine Stimme. Er berichtete, dass Maya zum See geflogen war und dass es ihr gut ginge. Ihre Schwinge sei wieder verheilt. Samanta wollte es nicht glauben, als sie es von Christian hörte. Sie wollte sofort zum See laufen, um nach Maya zu sehen. Christian hielt sie am Arm fest, damit sie nicht davonlief.
»Es hat keinen Sinn, Maya hinterherzulaufen. Sie wird früher wieder hier sein, als du am See.«
Samanta senkte den Kopf. »Vielleicht hast du Recht.«
Gemeinsam gingen sie zur Hütte, um zu frühstücken. Als sie am Tisch saßen und Sophie sich nach Maya erkundigte, erzählte Christian, was er von Floh erfahren hatte. Samanta spielte mehr mit ihrem Essen, als dass sie es aß, sie war mit ihren Gedanken bei Maya.
»Mach dir keine Sorgen, mir geht es gut«, vernahm Samanta und blickte erfreut auf.
»Maya! Warum hast du ...?«
»Nicht jetzt. Ich bin gleich bei dir.«
Samanta stand auf und rannte zur Tür. »Maya kommt zurück«, sagte sie noch, als sie die Hütte verließ.
Samanta suchte den Himmel nach Maya und Floh ab. Zuerst glaubte sie, sie in der Ferne zu sehen. Dann stellte es sich aber doch als Trugbild heraus. Sie lief so schnell sie konnte zum Lagerplatz und spähte weiter in den Himmel. Dabei drehte sie sich um die eigene Achse, um alle Himmelsrichtung abdecken zu können. Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich ein großer Schatten aus den Wolken. Samanta erkannte Maya und Floh. Erleichtert darüber ging sie von dem Lagerplatz, damit die beiden Drachen ungehindert landen konnten. Maya und Floh landeten kurz darauf. Samanta eilte zu Maya und stellte sie zur Rede.
»Was hast du ...?«
Samanta redete wie ein Wasserfall, während Maya sie mit geneigtem Kopf ansah. Als es ihr zu viel wurde, unterbrach sie Samanta.
»Die Wunde ist geheilt. Somit kann ich wieder fliegen.«
Voller Erstaunen lief Samanta zur linken Schwinge und sah nach. Der Verband war entfernt, die Haut war unversehrt. Verwundert darüber, fuhr sie mit ihrer Hand mehrmals über die Wunde, dann lief sie zu Mayas Kopf.
»Wie kann das sein?«
»Es ist, wie es ist. Jetzt lasst uns die Erdmenschen jagen.«