»Das ist merkwürdig«, Paul kniff nachdenklich die Augen zusammen.
»Was meinst du?«
»Sieh dir doch das Trümmerfeld einmal genau an. Fällt dir da nichts auf?«
Dieter blickte sich nach allen Seiten um. Nach einigen Minuten schüttelte er den Kopf und meinte: »Ich kann nichts Merkwürdiges entdecken.«
»Komm mit, vielleicht hilft dir etwas Abstand dabei.«
Beide gingen vorsichtig vom Trümmerfeld des Hauses herunter und stellten sich in einiger Entfernung davon auf. Wieder sah sich Dieter das zerstörte Haus lange an. Schließlich machte ihn Paul auf etwas aufmerksam.
»Sieh dir doch einmal die Verteilung der Trümmer an.«
»Ich kann nichts Ungewöhnliches entdecken. Das Zentrum der Explosion lag wohl in der rechten Hälfte des Hauses.«
»So sieht es aus. Die Küche befindet sich am linken Rand, von wo wahrscheinlich die Explosion ausging. Der Leichnam lag rechts, wo das Kinderzimmer war. Wenn es tatsächlich so war, warum haben wir dann die Leiche noch gefunden? Eigentlich hätte sie irgendwo außerhalb des Hauses oder überall in den Trümmern verstreut liegen müssen.«
Dieter brauchte ziemlich lange, um das Gesagte zu verarbeiten.
»Da könntest du recht haben. Die Leiche ist ziemlich gut erhalten, von den Verbrennungen einmal abgesehen«, meinte er schließlich.
»Lass uns in die Gerichtsmedizin fahren, vielleicht hat Jörg bereits etwas für uns.«
Beide fuhren mit ihrem Dienstwagen zurück ins Präsidium. Dort gingen sie zuerst in die Gerichtsmedizin.
»Hallo Jörg, darf ich dir meinen neuen Kollegen Dieter vorstellen?«
Der wich erschrocken zurück, als Jörg ihm seine blutverschmierte Hand zur Begrüßung reichte.
»Oh, entschuldige. Ich hatte vergessen, dass ich noch schmutzige Hände habe«, Jörg grinste verlegen.
»Hast du schon etwas für uns?«, lenkte Paul ab.
Während Jörg die ersten Ergebnisse bekannt gab, gingen sie zu dem Leichnam.
»Es handelt sich hierbei um eine zwanzig bis dreißig Jahre alte Frau. Gestorben ist sie nicht an den Verbrennungen, diese entstanden erst nach ihrem Tod. Alles Weitere folgt, wenn ich fertig bin. Allerdings kann es etwas dauern, da nicht mehr viel von ihr übrig ist«, beim letzten Satz hob Jörg das Tuch beiseite, mit dem er den Leichnam bedeckt hatte.
Als Dieter die geöffnete Bauchdecke sah, lief er zum Waschbecken und übergab sich. Jörg und Paul mussten grinsen, als sie das Würgen ihres Kollegen hörten.
»Daran wirst du dich gewöhnen«, tröstete Paul Dieter, als dieser zurückkam.
»Wie ihr seht, da gibt es nichts, absolut nichts. Die Bauchhöhle ist leer, als ob sich nie Organe darin befunden hätten.« Jörg nahm eine Säge vom Instrumententisch. »Bin gespannt, was sich im Kopf befindet.«
Dieter wurde bei dem Anblick der Säge schon wieder übel. Als Jörg die Säge an den Schädel der Leiche ansetzte, wendete er sich ab. Jörg sägte die Schädeldecke auf und klappte sie zur Seite. Eigentlich hätte ein Gehirn zum Vorschein kommen müssen, aber die Schädelhöhle war leer. Paul war so überrascht über das Fehlen des Gehirns, dass ihm der Mund offenblieb.
»Wie kann das sein?«, fragte er ungläubig.
»Das ist mir auch ein Rätsel. Eigentlich hätte die Frau überhaupt nicht leben dürfen, geschweige denn auch noch herumlaufen und Häuser in die Luft sprengen«, antwortete Jörg.
»Sag mir, wenn du etwas mehr über sie herausgefunden hast«, bat Jörg und wendete sich seinem Kollegen am Waschbecken zu. »War wohl etwas viel für den Anfang?«
»Hätte nicht gedacht, dass ich so darauf reagieren würde«, keuchte Dieter und übergab sich erneut.
Nach einer Weile hatte sich Dieters Magen so weit beruhigt, das sie die Gerichtsmedizin verlassen konnten. Sie gingen auf direktem Weg in ihr Büro. Dort hatte man bereits die Fotos und sonstige Unterlagen des Falles für sie bereitgelegt. Paul nahm die Fotos und pinnte sie an eine Magnetwand. Als er damit fertig war, trat er einen Schritt zurück und betrachtete die Fotos. Dieter trat neben ihn.
»Hier stimmt etwas nicht. Ich weiß nur noch nicht, was«, meinte Paul nachdenklich.
Beide starrten noch lange auf die Fotos, kamen aber nicht dahinter, was daran nicht stimmte.