Dreier´s Bücherwelt: Der kleine Magier


   Dieter hatte das Büro, das er mit Paul geteilt hatte, wieder bezogen. Es waren mittlerweile fünf Tage seit der Explosion des Hauses und dem Tod von Paul vergangen. Er war weder in den Ermittlungen der Explosion und der toten Frau noch des Todes von Paul vorangekommen. Der Obduktionsbericht der Frau ergab keinen Sinn, ebenso der von Paul. Während die Frau keinerlei Organe in sich hatte und nicht hätte leben dürfen, konnte bei Paul keine Todesursache festgestellt werden. Er hatte einfach aufgehört zu leben. Weder äußere noch innere Verletzungen waren bei Paul gefunden worden. Sein Körper war völlig unversehrt. Dieter warf die Obduktionsberichte auf den Schreibtisch und wandte sich erneut den Fotos des Hauses zu. Kurz darauf klopfte es an die Tür.

   »Herein.«

   Eine Frau um die vierzig mit dunklem schulterlangem Haar und einer vollschlanken Figur trat durch die Tür.

   »Kann ich Sie bitte einen Augenblick sprechen?«, fragte die Frau.

   »Natürlich. Bitte setzen Sie sich doch«, Dieter deutete auf einen Stuhl gegenüber von seinem Schreibtisch. »Was kann ich für Sie tun, Frau ...?«

   »Kostra.«

   »... Frau Kostra.«

   »Ich bin ein Freund von Paul gewesen. Können Sie mir sagen, wie er gestorben ist?«

   »Nein. Es tut mir leid, aber die Ermittlungen laufen noch.«

   »Er hatte doch gerade an dem Fall mit dem explodierten Haus gearbeitet. Hat es vielleicht etwas damit zu tun, dass er …?«

   »Wie bereits gesagt, über ein laufendes Verfahren darf ich keine Auskünfte geben. Wie standen sie zu Paul?«, unterbrach Dieter sie.

   »Wie ich eingangs schon sagte, wir waren gute Freunde, mehr nicht«, die Frau stand auf, ging zur Tür und drehte sich noch einmal um. »Wir werden uns wieder sehen«, sie zwinkerte ihm zu.

   Die Frau verließ das Büro und ging Richtung Ausgang. Dieter wollte ihr hinterher laufen, aber als er in den Flur sah, war die Frau nicht mehr zu sehen. Er setzte sich wieder an den Schreibtisch und notierte alles, was er von der Frau behalten hatte. Danach bat er einen Phantomzeichner in sein Büro. Nach einer Stunde sah das Phantombild der Frau ähnlich. Dieter ließ es in den Computer einlesen und mit den in der Datenbank gespeicherten Fotos vergleichen. Nach kurzer Zeit zeigte der Bildschirm eine Frau, die den Angaben von Dieter entsprach. Neben dem Bild stand geschrieben:

   

   Kostra Sabrona

   Geboren 10.04.1944

   Dunkles langes Haar

   Vollschlank

   …

   Vermisst seit 10.04.1982

   

   Verwirrt blickte Dieter immer wieder vom Geburtsdatum auf das Datum der Vermisstenanzeige und zurück.

   »Das kann nicht sein. Vermisst gemeldet an ihrem achtunddreißigsten Geburtstag. Das war vor über zwanzig Jahren!«

   Kopfschüttelnd ging er mit einem Ausdruck der Datei zu seinem Vorgesetzten und berichtete ihm, was er soeben erlebt und herausgefunden hatte. Nachdem er seinen Bericht beendet hatte, telefonierte Klaus mit jemandem. Nach einer Weile klopfte es an die Tür und ein älterer Mann trat ein.

   »Das ist Rolf. Rolf, das ist Dieter. Ihr werdet ab sofort in dieser Sache zusammenarbeiten. Rolf übernimmt hierbei die Führung.«

   Nachdem die Zuständigkeiten geklärt waren, verließen Dieter und Rolf das Büro des Vorgesetzten und gingen zu Pauls Büro.

   »Ich möchte dir nicht zu nahe treten, aber wir sollten versuchen, in dieser Sache zusammenzuarbeiten«, meinte Rolf, als er Dieters Gesichtsausdruck sah.

   »Es liegt nicht an dir. Ich bin eben noch zu neu hier, um den Fall allein zu bearbeiten.«

   »Es ist nicht dein Alter oder deine geringe Erfahrung in diesem Dezernat. Hier geht es um etwas, was du noch nicht weißt.«

   Rolf schloss die Tür zum Büro ab und setzte sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch. Dieter sah ihn nur fragend an.

   »Das, was ich dir jetzt erzählen werde, ist nicht für Ohren außerhalb dieses Raumes bestimmt. Sollte ich erfahren, dass etwas nach außen dringt, werde ich dafür sorgen, dass du diesen Tag dein Leben lang verfluchen wirst.«

   Bei den Worten von Rolf wurde Dieter flau im Magen.

   »Was soll das? Bist du vom Geheimdienst?«

   »Nein. Die würden das nicht verstehen. Hast du verstanden, was ich eben zu dir gesagt habe?«

   Dieter nickte.