Aus ein paar Tagen wurden mehr als sechs Monate. Während dieser Zeit wurde Ben im Gebrauch der Magie unterwiesen. Er war ein so gelehriger Schüler, dass er innerhalb kürzester Zeit die schwierigsten Zauber erlernte. Unter anderem lernte er, wie man Magie anwendete, ohne dass ein anderer Magier dies mitbekam, wie man einen Schutzbann errichtete, Blitze erzeugte, sich und andere unsichtbar machte und wie man Tiere für sich einsetzte. Als Ergänzung erlernte er den Umgang mit dem Schwert und einem Messer im Nahkampf. Sven lernte, wie man mit einer Armbrust und einem Bogen umging, sowie den Umgang mit Messer und Schwert. Die Ausbildung im Nahkampf war für ihn anfangs nicht so einfach. Es dauerte einige Zeit, bis sich sein Körper daran gewöhnt hatte. Am Ende seiner Ausbildung war er beinahe so schnell wie seine Ausbilder. Die Rebellen waren sehr hilfreich und unterwiesen beide, ohne eine Gegenleistung dafür zu verlangen. Leider konnten auch die Rebellen Sven nicht helfen, wieder nach Hause zu kommen.
Eines Tages kam Salu zu ihnen und bat sie um eine Unterredung.
»Ihr seid jetzt länger als sechs Monate hier und die Spione des Königs suchen euch immer noch. Was habt ihr vor?«
»Wir wollen zu Verwandten von Sirius. Sie leben in der Küstenstadt Spanata«, antwortete Ben.
»Dort werden sie euch sicherlich finden. Das Haus deiner Verwandten wird immer noch überwacht.«
»Dann können wir dort nicht hin«, meinte Sven.
»Wenn ihr wollt, könnt ihr gerne hier bleiben. Wir hätten auch eine Aufgabe für euch.«
»Wusste ich doch, dass das Ganze einen Haken hat«, stellte Ben fest.
»Nein, wie versprochen könnt ihr jederzeit gehen. Wir werden euch nicht aufhalten. Aber ihr könntet uns auch helfen, gegen den König vorzugehen.«
»Wie?«, fragte Sven.
»Wir könnten euch in den Palast einschleusen. Ihr seid jung. Da es viele Kinder am Hofe gibt, würdet ihr nicht so schnell auffallen.«
»Und was sollen wir da tun?«
»Beobachten und uns berichten, was im Palast vor sich geht.«
»Aber das wird doch sicher gefährlich? Die suchen uns.«
»Das ist richtig, aber wir werden euch verändern. Vor allem dich, Sven. Ben kann ja sein Aussehen mittels Magie verändern.«
»Und was wollt ihr an mir verändern?«
»Wir färben deine Haare. Du hast dich in den letzten Monaten durch dein Training schon so stark verändert, dass dies ausreichen sollte. Überlegt es euch und sagt mir, wie ihr euch entschieden habt«, sagte Salu und ließ die beiden allein.
Sven und Ben berieten, was sie nun tun sollten, konnten sich jedoch nicht entscheiden. Nach einer Weile ging jeder von ihnen in seine Unterkunft, um über den Vorschlag nachzudenken. Am späten Nachmittag trafen sie sich wieder.
»Hast du dich entschieden?«, fragte Ben.
»Ich werde, wenn du auch dafür bist, den Rebellen helfen.«
»Dann lass uns zu Salu gehen und ihm mitteilen, wie wir uns entschieden haben.«
Beide suchten Salu, aber an allen ihnen bekannten Stellen konnten sie ihn nicht finden. Auch als sie danach fragten, bekamen sie keinen Hinweis, wo sich Salu befinden könnte. Daraufhin beschlossen sie, es Salu am nächsten Morgen beim Frühstück mitzuteilen.
Am Morgen standen beide früher auf als sonst. Sie wollten Salu unbedingt mitteilen, dass sie den Rebellen helfen wollten. Jedoch war Salu nicht im Frühstücksraum und auch nicht in seiner Unterkunft. Im Speisesaal war es ungewöhnlich unruhig, es wurde getuschelt und so mancher richtete seinen Blick zu den Beiden. Sven und Ben hatten ein ungutes Gefühl. Sobald sie zu einem der Rebellen gingen, verstummten diese. In der Nacht schien etwas Schlimmes geschehen zu sein. Da sie von den Anwesenden im Speisesaal keine Auskunft erhielten, gingen sie zu ihren Ausbildern, aber auch die sagten den Beiden nicht, was geschehen war. Sie wichen den Fragen der Beiden immer wieder aus und wechselten das Thema. Während des Trainings waren alle unkonzentriert, es wollte nichts so richtig gelingen, woraufhin man sich entschloss, das Training für den Tag ausfallen zu lassen. Den Rest des Tages verbrachten Sven und Ben damit, herauszubekommen, was geschehen sein mochte. Erst spät am Abend gaben sie es auf und gingen in ihre Unterkunft.
Am nächsten Morgen gingen beide mit einem unguten Gefühl zum Frühstück. Gerade als sie sich setzen wollten, erblickte Ben eine vertraute Gestalt und lief zu ihr.
»Salu, wo warst du? Wir haben dich gestern den ganzen Tag gesucht.«
»Ich habe eure Mission vorbereitet.«
»Woher wusstest du, dass wir zusagen?«
»Ich habe es mir gedacht.«
»Warum waren gestern alle so komisch?«, wollte Sven wissen.
»Gestern ist einer unserer Spione im Palast entdeckt worden. Sie haben ihn getötet«, sagte Salu und senkte betroffen den Kopf.
»Das tut mir Leid«, sagten beide fast gleichzeitig.
Sie schwiegen einen Augenblick, dann ergriff Ben das Wort.
»Wie geht es jetzt weiter?«
»Ihr werdet Morgen aufbrechen. Packt eure Sachen und ruht euch aus. Es wird ein anstrengender Tag«, Salu stand auf.
»Wann erfahren wir, was wir tun sollen?«
»Morgen werdet ihr alles erfahren.«
Salu ging, um alles Weitere für den nächsten Tag vorzubereiten. Sven und Ben sahen sich ratlos an.
»Ob wir die richtige Entscheidung getroffen haben?«
»Morgen werden wir es wissen«, meinte Sven.
Gemeinsam gingen sie in ihre Unterkunft und packten alles benötigte zusammen. Da sie nur das hatten, was sie auf dem Leib trugen, und ein paar Sachen zum Wechseln, waren sie damit schnell fertig. Als sie ihre Rucksäcke gepackt hatten, gingen sie zu ihren Ausbildern. Sie wollten sich von ihnen verabschieden.
Sven erhielt von seinem Ausbilder einen Dolch und einen Bogen. Der Ausbilder bat ihn, beides nicht aus der Hand zu geben und gut darauf aufzupassen, da diese von besonderem Wert seien. Was genau es mit dem Dolch und Bogen auf sich hatte, wollte ihm der Ausbilder nicht sagen.
Ben erhielt von seinem einen Beutel mit einem Stein. Diesen Stein sollte er nur im äußersten Notfall verwenden. Was er genau damit machen sollte, wollte ihm der Ausbilder auch nach mehreren Nachfragen nicht verraten. Er sagte nur, dass Ben es wissen würde, wenn er den Stein benötigte.
Gemeinsam gingen sie in ihre Unterkunft, dabei unterhielten sie sich über das seltsame Verhalten ihrer Ausbilder. Obwohl es bereits später Abend war, wollte sich keine Müdigkeit einstellen. Sie lagen noch lange wach auf ihren Lagern und überlegten, was sie wohl am nächsten Tag erwarten würde. Irgendwann fielen sie in einen unruhigen Schlaf.
Es war noch dunkel, als sie von Salu geweckt wurden. Schlaftrunken nahmen sie ihre Sachen auf und folgten ihm. Als sie am Speisesaal vorbei kamen, packten sie noch schnell etwas zu essen ein. Danach gingen sie zu einem Tunnel, den Sven und Ben noch nicht kannten. Salu lief mit schnellen Schritten voran. Sven und Ben wussten schon nach kurzer Zeit nicht mehr, in welche Richtung sie liefen. Es ging ständig nach links und rechts sowie bergauf und bergab. Es war wie ein Lauf durch einen Irrgarten. Nach etwa zwei Stunden wurde Salu langsamer, dann blieb er plötzlich vor einer Tür stehen. Er öffnete diese und bat beide hindurchzugehen. Die Tür führte in eine geräumige Höhle.
»Hier werden wir auf einen Verbündeten warten.«